16.10.2010 / Leipzig: Am Ende doch im Kessel...

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„[Der] Kessel wird unter allen Umständen leer bleiben, denn wir benötigen ihr Recht nicht, um unseres durchzusetzen.“ Mit diesen kämpferischen und entschlossenen Worten mobilisierten Leipziger Neonazis um ihren Führungskader Tommy Naumann, dem Landesvorsitzenden der JN Sachsen, am 16.10.2010 in „ihre“ Stadt, nachdem aus den vier ursprünglich geplanten Demonstrationen nach einem Verbot und der Zusammenlegung der restlichen Aufzüge eine stationäre Kundgebung am Hauptbahnhof genehmigt wurde.

Am Ende fanden sich dennoch überschaubare 150 Neonazis im Polizeikessel an der Ostseite des Leipziger Hauptbahnhofs ein. Die TeilnehmerInnen, welche vor allem dem Spektrum der „Autonomen Nationalisten“ zuzurechnen sind, kamen überwiegend aus Sachsen und den angrenzenden Bundesländern, einige reisten jedoch auch aus weiter entfernten Regionen wie dem Ruhrgebiet und Niedersachsen an. Aussenwirkung konnten sie an diesem regnerischen Nachmittag in Leipzig sicherlich nicht erzielen, fanden sie sich doch neben dem Polizeikessel auch noch von hunderten Gegendemonstrant_innen abgeschirmt.

Dies wirkte sich sichtbar demotivierend auf die Stimmung der Neonazis aus. Auf die eigenen Redebeiträge gab es keine wahrnehmbare Reaktion und auch eigene Sprechchöre stellten eher die Ausnahme dar. Nach nicht einmal zwei Stunden entschied sich der Versammlungsleiter der stationären Kundgebung die Veranstaltung aufzulösen.Zur gleichen Zeit tummelten sich etwa 100 Neonazis im NPD Büro in der Odermannstrasse im Leipziger Stadtteil Lindenau. Auch diese wurden jedoch von Gegendemonstrat_innen belagert.

Weitere kleine Spontandemonstrationen fanden in einigen Stadtteilen Leipzigs sowie bei der Anreise nach Leipzig in Geithain und Halle und nach der Abreise in Borna und Jena statt.Die tatsächliche Anzahl der TeilnehmerInnen der Aktivitäten blieb aber dennoch weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Auf den unterschiedlichen Veranstaltungen fanden sich zumindest partiell die gleichen Personen wieder, sodass sich realistischerweise an diesem Tag nicht mehr als etwa 500 Neonazis an den verschiedenen Aktionen beteiligten.

Wie genau die Neonazis trotz der geringen TeilnehmerInnenzahl als auch der kaum vorhandenen Außenwirkung des „neuen“ Konzepts von spontanen und dezentralen Aktionen zu ihrer erfolgreichen Einschätzung des Tagesverlaufs gelangen, bleibt im Dunkeln. Inwieweit sich diese Aktionsform dennoch etablieren kann und auf andere Veranstaltungen und Städte übertragbar ist, wird sich bei kommenden Grossdemonstrationen der Neonazis zeigen.